Walzenspieldose

Walzenspieldose mit zusätzlichen Schlag-Idiophonen, Sainte-Croix, Schweiz, um 1895, verschiedene Materialien.
Mit freundlicher Genehmigung des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg

Die ersten Walzenspieldosen stammen von Uhrmacher:innen im schweizerischen Jura. Auf dem abgeschiedenen Hochplateau an der Grenze zu Frankreich versammelten sich recht eigenwillige Charaktere: Menschen, die jede Form von Hierarchie ablehnen, sei es bei der Arbeit oder im Leben.
Offenbar bestand eine tiefere Affinität zwischen den Verfechter:innen des Gleichheitsgedankens und der Uhrmacherei. Ein Grund könnte sein, dass auch bei den Apparaturen jedes Rädchen, Federchen und Schräubchen gleich viel zählt.
Zu den wichtigsten Kunden der Uhrmacher:innen zählte das chinesische Kaiserhaus. Und das heißt etwas, denn China zeigte damals kaum Interesse an westlichen Produkten. Bei diesem Modell lässt sich die Walze austauschen. Es kann verschiedene Melodien spielen.
Pijotr Kropotkin, ein russischer Fürst und Theoretiker des Anarchismus, verbrachte viele Jahre im Schweizer Exil. Dabei besuchte er das Jura, um die Lebens- und Arbeitsformen der Uhrmacher:innen zu studieren. In seinen Aufsätzen zur „Gegenseitigen Hilfe“ (1902) pries Kropotkin das solidarische Miteinander als Alternative zum darwinistischen „Recht des Stärkeren“. Wie schon die Uhren und Spieldosen fand auch diese Idee ihren Weg nach China. Die Schriften Kropotkins wurden von chinesischen Intellektuellen im Pariser Exil übersetzt und dienten der Kommunistischen Partei als Inspirationsquelle.